Alessa Neuner

A Life dedicated to Horses

Das Wildpferde-Argument 

Kann man unseren Hauspferden mit Wildpferden vergleichen?

Kann man unseren Hauspferden mit Wildpferden vergleichen?

Pferdeleute lieben es zu diskutieren. Über alles. Und jeden! Dabei werden keine Argumentationen ausgelassen, auch wenn diese an nur 3 Schweihaaren herbeigezogen sind. Immer wieder stoßen wir bei diesen nett gesagten Meinungsaustäuschen auf ein Argument: Das Wildpferde-Argument!

Die Behauptung auf sachlicher Ebene: Unsere Hauspferde unterscheiden sich im Grunde nicht von den Wildpferden.

Die Behauptung, wie sie in der Umsetzung aussieht: Wildpferde hatten auch keine kuscheligen Decken, warum also bist du so doof, dein Pferd einzudecken? Wildpferde haben auch nur Gras gefressen, warum also sollte meinem Pferd das nicht gut tun? Wildpferde leben auch in Herden, warum also sollte ich nicht auch hier 30 Pferde in meinen Stall stecken können? Und so weiter, und so weiter…

Ich glaube, ich könnte die Liste noch ewig weiter führen. Doch das könntet ihr sicherlich auch und so würden wir uns nur gegenseitig langweilen. Viel interessanter fand ich, was wirklich dran ist, an diesem Wilpferde-Argument. Lasst uns also mal ein Blick hinter die Aussage werfen.

Der Genpool unserer heutigen Hauspferde unterscheidet sich kaum von denen ihrer wilden Vorfahren.

Der Genpool unserer heutigen Hauspferde unterscheidet sich kaum von denen ihrer wilden Vorfahren.

Wissenschaftlich gesehen steckt doch recht viel Wahrheit hinter dem Satz. Der Genpool unserer Hauspferde stimmt nahezu mit dem der Wildpferd überein. Genetisch gesehen finden wir also tatsächlich kaum Unterschiede. Unsere Pferde reagieren genauso wie Wildpferde auf Klima, Bodenbeschaffenheit, Nahrungsangebot wie auch der Körper eines Wildpferdes reagieren würde. Die Sinneswahrnehmungen und Verhaltensmuster sind die Selben.

Theoretisch gesehen ist es also wahr, dass unsere Pferde sich nicht von den Wildpferden untescheiden, oder?
Ja. Und nein! Denn ein Problem wird diese Behauptung dann, wenn wir anfangen, unsere Pferde auch wie Wildpferde zu behandeln. Denn hier vergessen wir eine entscheidende Tatsache: Als Besitzer greifen wir Menschen vehement in das natürliche System ein. Ein Islandpferd ist warscheinlich tatsächlich bestens gegen die Witterung eines nasskalten Winters in Deutschland gewappnet. Stellen wir uns jedoch nun einen Vollblutaraber in den deutschen Winter, kann es zu Problemen kommen. Denn hier werfen wir Menschen das natürliche System gründlich durcheinander. Ein Vollblutaraber ist gut dafür gerüstet, größte Leistungen bei höchsten Temperaturen zu vollbringen. Er kann auch kalte Nächte gut kompensieren. Steht er nun aber zitternd in einem Offenstall bei nasskalten November-Temperaturen, dann ist das Wildpferde-Argument fehl am Platz. Genauso wenig greift es, wenn ich damit verargumentieren möchte, dass mein Pony durchaus das ganze Jahr auf der fetten Kuhweide herumgrasen darf, weil es die Mustangs in den USA doch genauso machen und nicht krank dabei werden.

Grundlegende Lebensumstände wie die Sicherheit eines sozialen Herdenverbandes prägen sowohl die Wildpferde, als auch das moderne Hauspferd.

Grundlegende Lebensumstände wie die Sicherheit eines sozialen Herdenverbandes prägen sowohl die Wildpferde, als auch das moderne Hauspferd.

Ich fnde, es ist wichtig, zu unterscheiden. Unsere Pferde haben noch immer die selben Bedürfnisse wie ihre Vorfahren. Sie haben den selben Bewegungsdrang, das gleiche angeborene Verhaltensreportoire, die selben Anpassungsfähigkeiten an ihre Umwelt.
Doch wir dürfen dabei einen Faktor nicht vergessen: Den Faktor Mensch. Wir greifen vehement in dieses zerbrechliche Symsten ein. In diesem Moment übernehmen wir die Verantworung für das Wohl unserer Tiere. Und hier gilt es, individuell die Bedürfnisse unserer Schützlinge zu erfüllen. Diese können denen eines Wildpferdes entsprechen. Das muss aber nicht in jedem Fall so sein. Das Wildpferde-Argument ist also oft eine nett gemeinte Therorie, die in der Praxis leider oft ihren Boden verliert. So sehr ich Wildpferde auch liebe – ich bin mir bewusst, dass ich keines im Stall stehen habe!

Der entscheidende Faktor, der unsere heutigen Pferde von ihren Vorfahren unterscheidet: Der Mensch, der in das System eingreift.

Der entscheidende Faktor, der unsere heutigen Pferde von ihren Vorfahren unterscheidet: Der Mensch, der in das System eingreift.

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4 Kommentare

  1. Wieder mal sehr schön auf den Punkt gebracht!

  2. Dem ist nichts hinzuzufügen! Ich hoffe, dass ganz viele das lesen und sich zu herzen nehmen! Danke für den Beitrag.
    PS: Ganz tolle Bilder!

  3. Ganz wunderbar…..ein informativer Bericht…..Auch für jeden Laien der Pferde Liebhaber ist…..

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