Magengeschwür-Pferde leiden oft still

Unser Shettyhengst Joschi ist nun seit über 10 Jahren bei uns und in dieser Zeit war er stets putzmunter. Seine 30 Jahre hat man ihm absolut nicht angesehen. Bis er plötzlich letzten Dezember seine erste Kolik hatte. Und vor wenigen Wochen die nächste. Plötzlich ging es ihm wirklich schlecht. Ich wollte aber das Argument nicht gelten lassen, dass er halt nun mal alt wird. Ja das wird er, aber das war nicht der Grund. Das war uns bewusst. 

Doch was war dann los mit dem Pony? Die Biologin und Fachbuchautorin Dr Christina Fritz von Sanoanimal.de hatte uns letztes Frühjahr besucht, vor allem für Khayman. Doch damals schon warf sie einen Blick auf Joschi und meinte, er wäre ein Magengeschwür-Pferd. Wir waren wohl zu sehr auf Khayman fokussiert und dachten uns, das bisschen Kotwasser sei halt einfach normal bei ihm. „Ansonsten ist er ja topfit.“ haben wir gesagt…

Ja und das ist genau der Crux bei Magenproblemen – sie schlummern oft ganz leise vor sich hin und wenn man erstmal ernst zu nehmende Symptome erkennt, ist es meist schon kurz vor 12. So auch bei Joschi. 

Nach dem ersten Schock haben wir uns nun genauer mit dem Thema befasst und ich möchte gerne meine Erkenntnisse mit euch teilen. Denn spätestens jetzt sehe ich so viele Pferde, die die ersten kleineren oder größeren Anzeichen für Magenprobleme zeigen. Und dass ein Großteil der Pferde sowohl im Sport- aber auch im Freizeitbereich unter teils massiven Magenbeschwerden leiden, beweisen leider einige Studien. 

Die Symptome bei Magenproblemen sind oft so unauffällig, dass die Diagnose häufig erst sehr spät gestellt wird.

Auslöser

Wie kommt es dazu? Ein Hauptgrund ist wohl die nach wie vor oft so falsche Fütterung der Pferde. Auch wenn es in vieler Munde ist, wird es seltenst so umgesetzt: ein Pferd ist ein Dauerfresser und Raufutterpausen von 3 Stunden und mehr führen immer und ohne Ausnahme zu Magenschleimhautentzündungen und folglich oft auch zu Geschwüren. Warum das in so wenigen Ställen berücksichtigt wird? Ich weiß es nicht. An Heu zu sparen ist wohl das dümmste, was ein Stall- oder Pferdebesitzer machen kann. Ich glaube, hier ändert sich nur dauerhaft etwas, wenn wir Besitzer darauf bestehen, dass ausreichend Heu zur Verfügung gestellt wird. Und nein – Stroh kann das nicht ersetzen! Bitte lasst uns hier das bereitstehende Wissen auch in der Praxis umsetzen. Da herrscht so großer Handlungsbedarf! 

Falsche Fütterung (zu wenig Raufutter, zu viel Kraftfutter) ist also der Hauptgrund für Magenbeschwerden. Tatsächlich können wir diese Ursache bei Joschi jedoch ausschließen, wird er bei uns ja seit jeher mit 24/7 Heufütterung gehalten. Natürlich weiß ich nicht, wie er die ersten 20 Jahre gehalten und gefüttert wurde und Magenbeschwerden entwickeln sich über viele Jahre. 

Was jedoch ein weiterer Faktor ist, der bei Joschi durchaus zu finden ist, ist Stress. Nicht akuter Stress für kurze Zeit, sondern latenter Dauerstress. Dieser führt nämlich dazu, dass die Magenschleimhaut im hinteren Magen schlechter durchblutet wird und die Schutzschicht der Magenschleimhaut wie eine bröckelige Mauer zerfällt. Folge sind erste Entzündungen, die sich über die Jahre zu Geschwüren entwicklen können. 

Auch wenn unsere Herde aktuell sehr harmonisch ist, so hatten wir in den ersten Jahren einige Pferdewechsel und das ist (vor allem für einen Hengst) durchaus Stress. Sicherlich trägt er auch aus seinem früheren Leben als Deckhengst noch das eine oder andere Päckchen mit sich herum. 

Stress in der Herde führt über kurz oder lang oft zu Magenbeschwerden

Symptome

Was sind also nun die typischen Anzeichen für Magenprobleme? Wie bereits gesagt, haben wir für unsere Diagnose lange gebraucht. Denn auch Joschis Symptome waren eher unauffällig: er hat seit Jahren immer wieder Kotwasser. Aber wie viele Pferde haben das und wie gut sind wir darin, das zu übersehen. An dieser Stelle sei also nochmal gesagt: Kotwasser ist immer ein Zeichen dafür, dass der Magen-Darmtrakt des Pferdes massiv gestört ist und sollte niemals nie ignoriert werden! 

Dazu kamen leisere Zeichen wie mangelnder Appetit. Viele Pferde reagieren auch empfindlich in der Bauch- und Gurtlage und zeigen Abwehrverhalten, wenn sie dort berührt werden. Das muss aber nicht sein. Joschi hat dieses Verhalten nie gezeigt. Wenn euer Pferd aber diese Anzeichen hat, missachtet sie bitte nicht oder stempelt sie als Unart ab – das sind eindeutige Zeichen, dass eure Pferde Schmerzen haben! 

Therapie 

Nachdem wir unseren Schock ein wenig verdaut hatten, sind wir nun dabei den kleinen Ponymann wieder auf die Füße zu stellen. Natürlich ist hier wichtig, zuerst alle Faktoren zu eliminieren, die zu dem Problem geführt haben. In unserem Fall ist das einfach, denn die aktuelle Situation ist zum Glück sehr stressfrei für Joschi. Klar ist uns aber geworden, dass wir das auch nie mehr ändern werden. Solange der Herr Hengst bei uns ist, wird kein weiteres Pferd dazu kommen. 

Herr Hengst ist auf dem Weg der Besserung. In Zukunft werden wir darauf achten, Stress für ihn so gut es geht zu vermeiden

Nun geht es also daran, den Magen zu restaurieren, die Entzündungen und / oder Geschwüre zum Abklingen zu bringen und natürlich zu vermeiden, dass sich weitere bilden. 

Aktuell füttern wir dafür das GastaCare von Okapie und dazu Süßholzextrakt. Sobald der Magen wieder intakt ist, werden wir uns um den Darmtrakt kümmern. Denn der ist mit Sicherheit auch aus dem Gleichgewicht geraten und ähnlich wie bei uns Menschen hat auch beim Pferd der Darm einen großen Einfluss auf die gesamte Gesundheit. 

Ich bin sehr optimistisch, dass wir den kleinen Ponymann so gut wieder hinbekommen und er noch viele weitere Jahre vor sich hat. Doch ich bin auch ein wenig entsetzt darüber, dass wir das so lange übersehen konnten. Deshalb ist es mir so wichtig, dass wir alle lernen, genauer hinzusehen. Ich hoffe, in Zukunft werden immer weniger Pferde still vor sich hin leiden müssen. Lasst uns dafür sorgen, dass dieses Thema mehr Aufmerksamkeit bekommt. Schaut genau hin und traut euch, im Sinne der Pferde anzusprechen, wenn euch etwas auffällt. 

Viele gute Informationen und Fortbildungen zu diesem (und vielen weiteren Themen) findet ihr bei Sanoanimal.de. Ich kann die Arbeit von Christina Fritz nur von Herzen empfehlen. Von ihrem Wissen haben meine Pferde schon unfassbar viel profitieren dürfen.

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