Alessa Neuner

A Life dedicated to Horses

Vom Mut, zu Vertrauen

Gemeinsam die Freiheit zu genießen beutetet, einander zu vertrauen. Aber auch, mutig zu sein!

Gemeinsam die Freiheit zu genießen, beutetet, einander zu vertrauen. Aber auch, mutig zu sein!

„Vertrauen statt Dominanz“ ist ein Leitsatz, den ich in meiner Pferdeausbildung stets zu verfolgen suche. Als Pferdemensch in der modernen Pferdewelt kommt man um das Wort Vertrauen (zum Glück!) nicht herum. Doch was genau versteckt sich eigentlich hinter diesem Wörtchen, das so klar und deutlich aus unseren Mündern schlüpft und unter dem sich doch so wenige ein konkretes Bild vorstellen können?

Gegenseitiges Vertauen gilt als Basis für eine gelungene Kommunikation und Partnerschaft. Doch wo setze ich an, wo ist der Anfang der Geschichte? Für viele Menschen ist es ein großes Ziel, dass ihr Pferd ihnen Vertrauen entgegenbringt. Immer wieder werde ich gefragt, wie dieses Ziel zu erreichen wäre. Es wird nach Übungen und Anweisungen gefragt. Natürlich, diese gibt es in einem gewissen Rahmen auch. Aber diese sind es nicht, die den Anfang bilden. Denn der sitzt wie so oft für mich nicht beim Pferd – ihr wisst warscheinlich schon, wo ich ihn statt dessen sehe, stimmts? 😉 Genau – bei uns! Ich denke, gegenseitiges Vertrauen kann erst entstehen, wenn jedes Invidviduum selbst ein Grundvertrauen in sich und die Umwelt mitbringt. Pferde sind von Natur aus aufgeschlossene und in sich ruhende Wesen, wenn ihnen nicht ein anderes Verhalten beigebracht wurde. Wir Menschen haben dieses Urvertrauen in unserer heutigen Gesellschaft leider ganz feste hinter einer Tür verschlossen und mit drei Riegeln gesichert. Ich bitte euch nun, die Schlüssel für die Schlösser zu suchen und die Türe zu öffnen. Lasst euch Zeit dabei, aber versucht es.
An dieser Stelle möchte ich einen meiner liebsten Lehrmeister für das Leben zitieren, den Dalai Lama. Er schafft es, die Botschaft auf den Punkt zu bringen, auch ohne Türschlösser und Schlüssel:

Durch Vertrauen in sich selbst und in die eigenen Fähigkeiten stellt sich der Glaube ein, den wir brauchen, um Güte, Freundlichkeit, Mitgefühl und uneigennützige Liebe zu entwickeln. Glaube und Vertrauen sind unverzichtbar, wenn es um das Wachstum unserer positiven menschlichen Eigenschaften geht. Sie bilden den fruchtbaren Boden, auf dem alle Samen heranreifen, die letztendlich zu positiven Erfahrungen führen.

Die Pferde müssen Vertrauen in uns finden - doch gilt das anders herum nicht auch genauso?

Die Pferde müssen Vertrauen in uns finden – doch gilt das anders herum nicht auch genauso?

Was ich euch damit sagen möchte: Bevor ihr von eurem Pferd verlangt, euch blind zu vertrauen, müsst ihr lernen, ihm selbst Vertrauen entgegenzubringen. Am besten übt ihr das erstmal an euch selbst – indem ihr lernt, euch, euren Gefühlen und den daraus resultierenden Handlungen zu vertrauen.

Seien wir ehrlich zu uns – wie oft ertappen wir uns dabei, unsere Entscheidungen zum fünften Mal zu hinterfragen, um sie dann beim sechsten Mal halbherzig auszuführen und im Nachhinein zu denken, dass es doch anders eventuell besser hätte klappen können. Doch wie sollen unsere Pferde uns vertrauen, solange wir uns selbst nichts zutrauen? Ich möchte euch auf keinen Fall raten, überstürzt zu handeln und nichts zu hinterfragen. Aber es gibt wie immer einen wunderbaren Mittelweg, der es uns erlaubt, die richtigen Entscheidungen aus dem Bauch raus zu treffen und umzusetzen. Mit gutem Gefühl und mit Vertrauen. In sich selbst.

In manchen Situationen fällt es nicht leicht, dem vierbeinigen Freund Vertrauen zu schenken. Enttäuscht wurde ich jedoch noch nie, wenn ich es dennoch tat!

In manchen Situationen fällt es nicht leicht, dem vierbeinigen Freund Vertrauen zu schenken. Enttäuscht wurde ich jedoch noch nie, wenn ich es dennoch tat!

Haben wir das geschafft, sind wir schon einen großen Schritt voran gegangen. Doch nun wartet die nächste Hürde: Nachdem wir gelernt haben, uns selbst Vertrauen zu schenken (selbst, wenn das anfangs vielleicht nur ein klitzekleines bisschen davon ist), versuchen wir dies nun, unserem Pferd entgegen zu bringen.
Wie oft verlangen wir das Gleiche von unseren vierbeinigen Freunden? Wir werfen ihnen ein Stück totes Tier auf den Rücken und zurren es mit einem Gurt fest, wir schnüren ihre Köpfe ein, halten sie an den Füßen fest und stellen alle möglichen anderen Sachen an, die in Pferdeaugen sicherlich erstmal keinen Sinn ergeben. Und ganz selbstverständlich erwarten wir, dass unsere Freunde dabei Vertrauen in uns haben und ganz entspannt mit sich machen lassen. Versuchen wir doch mal (wieder), uns an ihnen ein Vorbild zu nehmen. Ich möchte, dass mein Pferd beim Ausritt entspannt und vertrauensvoll voran schreitet? Dann versuche ich doch das nächste Mal einfach, selbst entspannt und vertrauensvoll in die Situation zu gehen und meinem Pferd die Chance zu geben, mein „Vertrauensvorschuss“ anzunehmen. Ich verspreche euch, es ist das größte Gefühl der Welt, sein gegebenes Vertauen tausendfach vom Fellfreund zurück zu bekommen!

Hiermit sind wir glaube ich auch schon beim wesentlichen Element angekommen, welches ich in Zusammenhang mit dem schönen Wort Vertauen sehe: Mut! Es braucht so viel davon, wenn ich wahres Vertauen aufbauen möchte. Mut, sich selbst zu vertrauen.
Habt Mut, mutig zu sein – es lohnt sich so sehr!

Dieses Bild verdeutlicht Khayman und mein Vertrauen zueinander. Was viele nicht sofort erkennen: Der Mut, den es uns beide gekostet hat, dieses wunderbare Verhältnis entstehen zu lassen.

Dieses Bild steht für mich für das wunderbare Vertrauen, welches Khayman und mich verbindet. Was viele nicht sofort erkennen: Der Mut, den es uns beide gekostet hat, dieses wunderbare Verhältnis entstehen zu lassen.

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4 Kommentare

  1. Du triffst es auf den Punkt. Wir fordern Respekt und Vertrauen, sind selbst aber häufig nicht in der Lage, beides zu geben. Mein Pferd im Urlaub hat mir das mal wieder deutlich gemacht. Er war im Galopp deutlich schneller, als es mir lieb war – ging aber nicht durch, sondern eben einfach sein flottes Tempo. Da die Zügel lang zu lassen und darauf zu vertrauen, dass er bei mir bleibt, war meine schwierigste Übung. Ich schulde ihm noch einen Galopp 🙂
    viele Grüße!
    Nadja

    • Alessa

      29. Oktober 2014 um 13:36

      Liebe Nadja,
      schön, dass du das auch so siehst! Es ist wirklich keine einfache Übung für uns, aber man lernt (mal wieder) so viel dabei! Ich wünsche dir un deinem Pferd viel Spaß beim nächsten Galopp! 😀
      Ganz liebe Grüße!
      Alessa

  2. Liebe Alessa,

    wieder mal ein sehr schön geschriebener Artikel von Dir! Vertrauen ist das A und O und genau wie Du es schreibst, muss man zuerst sich selbst vertrauen, mit sich selbst im Reinen sein, bevor man seinem Pferd vertrauen und eben genau ein solches Vertrauen zurückfordern kann. Denn darauf lassen sich so viele Probleme zurückführen. Wenn ein Pferd z.B. unruhig ist, schreckt, oder gar durchgeht, dann meistens, weil wir kein Vertrauen in uns, und somit in das Pferd haben, das Pferd darauf natürlich, als ein sehr empfindliches und ehrliches Wesen, verständlicher Weise auch nicht ins uns, Angst bekommt und genau deshalb unruhig ist. Nicht unbedingt, weil die Situation tatsächlich beängstigend ist, sondern weil wir sie als Mensch durch unser fehlendes Selbstvertrauen und Vertrauen in das Pferd beängstigend machen. Also ja, wir sollten mehr Mut haben, unsere eigenen Fehler zuerst eingestehen, bevor wir das Pferd als schuldig befinden, wir sollten uns vertrauen, loslassen. Und das immer wieder, denn ganz so einfach ist es nicht. Man muss sich nur immer wieder daran erinnern, und bald ist dieses Vertrauen dann völlig gegeben und normal. Und was man dann zurück bekommt ist, wie Du schreibst, einfach nur wunderschön.

    Merci nochmals! Line

  3. Marie- Lucie Bartels

    18. Januar 2015 um 17:27

    Wow! Ich bin echt sprachlos. Ich hab mir jetzt ein paar Einträge in deinem Blog gelesen und ich muss sagen, sie sprechen mir aus der Seele! Ich bin froh diese Seite gefunden zu haben, da endlich mal jemand „traut“ sich auszusprechen was da draußen eigentlich abgeht… ich selbst habe noch keine Erfahrungen mit eigenen Pferden allerdings habe ich eine Reitbeteiligung auf einem Isländer, ich glaube die Besitzerin kennst du sogar, Katharina Füßinger heißt sie. Sie hatte mir damals gesagt ich soll mir doch mal deine Facebook-Seite anschauen und heute bin ich dann per Zufall den Link zu diesem Blog gefunden! Du sprichst alles aus was schon lange mal gesagt werden sollte und danach auch noch mit so viel Gefühl! Bist ein großes Vorbild für mich!
    Ganz ganz liebe Grüße und alles Gute für die Zukunft! Mach weiter so!
    Marie

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