Alessa Neuner

A Life dedicated to Horses

Der Filzsattel – ein Jahr im Test

Letztes Jahr habe ich großzügigerweise einen Filzsattel der Firma www.filzsattel.de gestellt bekommen. Schon vorher durfte ich die Sättel kennenlernen und war fasziniert von dem doch ganz besonderen Sitzgefühl in diesen baumlosen Sätteln.

Heute möchte ich euch nach über einem Jahr ausführlichem Testen berichten, wie wir uns mit dem Sattel fühlen. Ganz bewusst habe ich mir mit diesem Bericht Zeit gelassen. Denn wer kennt das nicht: man kauft einen neuen Sattel, ist unbeschreiblich glücklich – und stellt nach ein paar wenigen Wochen oder Monaten fest, dass die ersten Problemchen auftauchen. Ich denke, das ganze Jahr Testphase ermöglicht mir heute, einen recht ausführlichen und ehrlichen Bericht zu den Sätteln schreiben zu können.

Was ist das – ein Filzsattel?

Der Filzsattel besteht – wie der Name schon sagt – aus einigen Lagen Filz, welcher mit Polstern und Schäumen so aufgebaut ist, dass er den Reiter auch ohne festen Baum in eine bequeme und gesunde Sitzposition bringt. Der Sattel verzichtet bewusst auf Steigbügel und vermeidet Druckspitzen auch indem die Gurtung nicht über den Widerrist läuft.  Im Grunde ist der Sattel also ähnlich wie ein Reitpad oder Fellsattel (zu dem ihr hier einen ausführlichen Bericht findet). Und doch gibt es feine, aber entscheidende Unterschiede.

Der Filzsattel verdient auf Grund seiner Eigenschaften tatsächlich eher den Namen Sattel als Pad.

Der Filzsattel im Vergleich

Seit einigen Jahren beschäftige ich mich gezwungenermaßen viel mit dem Thema Sattel. Für unseren Araber Jimmy nutzen wir als alleinigen Sattel einen Fellsattel der Marke Christ. Khayman habe ich lange mit dem baumlosen Sattel Startrekk Espaniola von Deuber geritten. Im Vergleich zu diesen Sätteln präsentiert sich der Filzsattel ganz anders.

Vor allem den Vergleich mit dem Fellsattel fand ich sehr spannend. Wo ich mich im Fellsattel eigentlich immer recht wohl fühlte, erlebte ich im Filzsattel noch einmal so viel mehr an Qualität vom Sitzgefühl her. Im Vergleich zu „üblichen“ Sätteln mit Baum oder aber auch dem Startrekk als baumlose Variante spürt man natürlich im Filzsattel viel mehr von den Bewegungen des Pferdes. Das bietet der Fellsattel theoretisch auch. Doch im Fellsattel sitze ich doch immer recht ungenau, es fühlt sich alles recht schwammig an. Der Filzsattel setzt den Reiter tatsächlich sehr stabil auf das Pferd. Damit meine ich keine Pauschen oder ähnliches, die einen Reitersitz vorgeben. Aber das Material und die Bauart des Sattels ermöglichen es einem, sehr ruhig zum Sitzen zu kommen. Ohne störende Bewegungen durch Hin- und Herrutschen kann ich im Filzsattel sehr viel präzisere Hilfen geben, genauso wie ich natürlich viel mehr Informationen vom Pferd wahrnehmen kann.

Das Material gibt dem Reiter – wie man sieht – einen genialen Halt.

Das Sitzgefühl

Nun habe ich euch schon einiges über das Gefühl in diesem Sattel geschrieben. Ich möchte noch erwähnen, dass es den Filzsattel in unterschiedlichen Modellen gibt. Der spezielle Aufbau meines Filzsattels hat mir noch mal deutlichen Komfort zu all den üblichen baumlosen Alternativen geboten: Als schmale Reiterin mit einem sehr breit gebautem Pferd saß ich in allen baumlosen Sätteln oder Pads logischerweise immer super breit. Wirklich bequem ist das auf Dauer nicht. Mein Filzsattel-Modell „Skuggi Comfort“ ermöglicht es mir mit einem zusätzlichen Polster und leicht erhöhter Sitzposition, die Beine wirklich locker fallen zu lassen.

Locker ist ein wunderbares Stichwort, das ich kurz aufgreifen möchte. Ich hatte vom Tag 1 an das Gefühl, wirklich zum Loslassen zu kommen, wenn ich auf dem Sattel Platz nehme. In allen Gangarten und selbst bei meinem noch wenig ausgebildetem Araber Jimmy nimmt der Sattel mich schön in die Bewegung mit, ohne dass ich irgendwo festhalten muss. Das Sitzgefühl ist einfach – in einem Wort zusammenfasst – bombastisch.

Gerade auf breiten Pferden sitzt man als schmaler Reiter ohne Sattelbaum meist unbequem. Nicht so mit dem Filzsattel.

Der Einsatzbereich – wofür verwende ich den Sattel?

Nunja, momentan – für alles. Aber nun von Anfang an. Zu Beginn nutzte ich den Sattel tatsächlich nur für wenige Einheiten auf dem Platz. Es war erstaunlich, wie viel mehr ich zum Spüren kam und wie viele Informationen über mein Pferd und seinen Bewegungsablauf bei mir ankamen. Um also ab und an den Sitz zum Zuhören zu erziehen eignet sich der Filzsattel hervorragend. So hervorragend, dass ich nach und nach mit den normalen Sätteln für die gymnastizierende Arbeit immer unzufriedener wurde, weil ich einfach auf diesen wunderbaren Kommunikationskanal nicht verzichten wollte. Sicherlich lässt den ein wirklich gut passender „normaler“ Sattel auch auf gewisse Art zu. Doch wer findet diese goldene Nadel im Heuhaufen schon?

Heute nutze ich den Filzsattel also durchwegs für die Arbeit auf dem Platz, sowohl bei meinen eigenen als auch bei Berittpferden.

Gerade für die gymnastizierende Arbeit möchte ich auf den Filzsattel nicht mehr verzichten.

Erstmals gezwungenermaßen erweiterte ich dann den Einsatzbereich des Sattels, als ich bei Khayman (mal wieder) feststellen musste, dass unser normaler Sattel nicht mehr passte. Also packte ich irgendwann den Filzsattel auch für einen Ritt ins Gelände aufs Pferd. Zunächst nur im Schritt wagten wir uns später auch an den Trab und Galopp im Gelände. Khayman gibt im Gelände durchaus gerne mal Gas und ein schneller Trab ist ohne Steigbügel einfach eine Herausforderung. Darfür ist der Sattel natürlich auch wirklich nicht gemacht und ich denke, diesen Einschränkungen muss man sich bewusst sein. Und trotzdem mag ich den Sattel auch im Gelände mittlerweile sehr gerne. Ich stelle fest, dass ich mit einem durchlässigen, lockeren Pferd unter mir tatsächlich fast jedes Tempo, jede Lektion oder auch einfach jedes Geländehinderniss im Sinne von Bächen, Steigungen und kleinen Sprüngen meistern kann. An Tagen, an denen Khayman zu viel Spannung unter mir zeigt, merke ich das sofort im Sitz – und muss reagieren, wo ich mit dem normalen Sattel eher mal passiv werden und mich einfach tragen lassen kann. Auch wenn das ab und an mal praktisch ist, erzieht einen der Filzsattel im Gelände dazu, wirklich schonend zu reiten. Diese Erfahrungen haben mir in den letzten Monaten wirklich einen großen Mehrwert bereitet.

Momentan nutze ich den Filzsattel bei Khayman tatsächlich als alleinigen Sattel für alles, inklusive Geländeritten von 20km und mehr.

Auch im Gelände sind wir mittlerweile mit dem Filzsattel unterwegs – in allen Gangarten, auf allen Strecken.

Die Pferdegesundheit – was sagt der Rücken dazu?

Meine Pferde und ich haben schon etliche Sättel durch, inklusive damit einhergehenden Verspannungen und körperlichen Problemen. Der Filzsattel hat sich gerade auch wieder im letzten Jahr als wunderbarer „Therapiesattel“ erwiesen. Ohne etwaige Druckpunkte durch Steigbügelaufhängung oder Sattelgurtung, ohne die Pferdeschulter einzuengen oder durch falschen Schwerpunkt zum Beispiel in die empfindliche Nierengegend zu drücken, können Pferde langjährige Verspannungen und Triggerpunkte loswerden und gesunde Muskulatur aufbauen. Natürlich heilt der Sattel nicht – dafür braucht es gute Experten wie Heilpraktiker und Physiotherapeuten. Für den Muskelaufbau braucht es sinnvolle gymnastizierende Arbeit. Aber der Sattel lässt die Heilung und den Aufbau auf wunderbare Weise zu.

Auch nach wirklich langen Ritten zeigen zumindest meine Pferde keinerlei Anzeichen von körperlichem Unwohlsein. Die Wirbelsäule bleibt schön frei von zu viel Druck und die Polster fangen etwaige Druckpunkte vom Reiter weich ab. Natürlich kann ich hier aber nur ganz subjektiv von mir als Reiter berichten. Sicherlich spielen Faktoren wie Gewicht und Balance eine entscheidende Rolle dabei.

Nach über einem Jahr sieht Khaymans Rücken so gut aus wie nie und auch meine Physiotherapeutin Angelika Mittermüller von Vierbeinklang ist super zufrieden.

Nach einigen Monaten ausschließlich mit dem Filzsattel ist Khaymans Rücken endlich stark und gesund.

Mein Fazit

Ich möchte meinen Filzsattel auf keinen Fall mehr missen. Gerade in Punkto Sitzegfühl ist er einfach unvergleichbar gut. Sowohl meine Pferde als auch ich fühlen uns mit dem Sattel rundum wohl. Auf Dauer möchte ich für Khayman und lange Geländeritte gerne wieder einen Sattel mit Steigbügeln. Aber selbst dann werde ich immer wieder für Ausflüge ins Gelände zum Filzsattel greifen, da bin ich sicher.

Ich denke, der Filzsattel kann für viele Pferde und Reiter eine echte Bereicherung sein. Egal ob als Zusatz für die gymnastizierende Arbeit, zum Anreiten von Jungpferden, als Übergangslösung für Pferde in Therapie oder tatsächlich als alleiniger Sattel. Die Allround-Tauglichkeit hat er im Einsatz bei uns auf jeden Fall bewiesen. Ich kann diesen Sattel mit meinem heutigen Wissen und meinen Erfahrungen nur aus voller Überzeugung empfehlen.

Auch die Optik kann sich sehen lassen, wie ich finde…

Vielen Dank an Isabel Steiner von Filzsattel.de für die Bereitstellung des Sattels!

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12 Kommentare

  1. Hast du den Filzsattel auch mal mit einem Impressions Pad geritten? Das würde mich noch sehr interessieren wie die Druckverteilung aussehen würde!

  2. Hallo Alessa,
    vielen Dank für deinen tollen Testbericht zum Thema Filzsattel. Auf deiner Facebook Seite hast du ja auch den Chezz-Sattel erwähnt. Eigentlich war ich der festen Überzeugung, dass ein Filzsattel für uns die nächste Anschaffung wird, aber der Chezz Sattel hat mich ebenfalls neugierig gemacht (hast du den schon weiter getestet?). Gerade das Thema leichttraben ist etwas, das mich ein wenig beschäftigt. Ich frage mich, ob es nicht gerade für ein unausgebildetes Pferd am Anfang nicht angenehmer ist, wenn der Reiter im Trab oder Galopp den Rücken öfters mal entlasten kann oder ob man nicht doch eher sagt bevor ich entlaste, pariere ich lieber durch, denn dann war es eh schon zu lang… Ich bin mir dabei ein wenig unsicher, denn die Möglichkeit der Entlastung habe ich beim Filzsattel nicht. Daher wüsste ich gerne, was deiner Meinung nach wichtiger ist, bzw. welche Art Sattel du vielleicht für ein unausgebildetes Pferd empfehlen würdest? Liebe Grüße und Danke, Jana

    • Alessa

      12. Juni 2017 um 22:13

      Liebe Jana,
      den Chezz Sattel habe ich wieder zurück geschickt. An sich finde ich den Sattel sehr angenehm, aber er passt einfach nicht zu Khaymans Rückenschwung und ist da finde ich nur bedingt anlassbar.
      Deine Gedanken kann ich gut nachvollziehen. Ich unterscheide immer ein wenig: Im Grunde finde ich, sollte man auch mit Steigbügeln nicht zu lange ein Pferd belasten, das noch nicht wirklich gut zu sitzen ist. Andererseits gibt es durchaus Situationen wie bei einem Ausritt, wo es Sinn machen kann, ein Pferd zu reiten, das noch nicht ständig ausbalanciert läuft. Es ist schwierig, das so aus der Ferne zu beurteilen. Ich denke oft, dass tatsächlich mehrere Sättel Sinn machen würden, ähnlich wie wir Menschen ja auch gerne unterschiedliche Schuhe anziehen 😉 Es gibt einfach auch Pferde, die vom Gebäude her immer sehr schwer zum Sitzen bleiben werden. Da tut man sich als Reiter sowie dem Pferd finde ich eher einen Gefallen mit Steigbügeln. Ansonsten würde ich auch bei einem jungen Pferd eher zum Filzsattel tendieren, weil man einfach so viel mehr spürt.
      Ich hoffe diese umkonkrete Antwort hilft dir ein wenig bei deiner Entscheidung 😉
      Herzliche Grüße!

      • Liebe Alessa,
        vielen lieben Dank dass du dir die Zeit genommen hast! Dann werden wir denke ich weiterhin auf den Filzsattel sparen und sollte es sich zeigen, dann bei Bedarf ein geeignetes Modell mit Steigbügeln nachkaufen. Ich wünsche dir und Khayman alles Gute und weiterhin viel Spaß mit dem Filzsattel. Ihr seid toll.
        Herzliche Grüße zurück.

  3. Liebe Alessa, herzlichen Dank für deinen ausführlichen Bericht – gerade eben bin ich auf deine Homepage zurückgekommen, weil ich nochmal nach dem Filzsattel bei deinen frühereren Beiträgen schauen wollte und siehe da hierzu ein neuer Bericht 🙂 Lieben Dank dafür! Sonnige Grüße Michaela

  4. Ganz herzlichen Dank für deinen tollen Artikel. Ich und mein Mann reiten auch sehr gerne; haben sogar zwei eigene Pferde und suchen schon seit einiger Zeit nach einem Sattel-Model, welches wahre Bequemlichkeit – für das Pferd sowie den Reiter – verspricht.

    Deshalb besten Dank für deinen Sattel-Tipp.

    Wir werden uns bei filzsattel.de mal umschauen … 🙂

  5. kannst Du noch etwas auf die Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten zwischen Fellsattel und Filzsattel eingehen??

  6. Hey Alessa, ich wollte fragen, welche Ausführung du hast? Den Skuggi in Comfort? Es lassen sich ja doch einige individuelle Anpassungen machen. Und hast du die passende Filzunterlage darunter? Sieht wirklich sehr schick aus 😉

    • Etwas missverständlich. Ich wollte fragen, ob du zusätzlich noch Anpassungen hast machen lassen?

    • Hi Dörte,
      genau ich habe den Skugge in Comfort und keine individuellen Anpassungen, weil meine Jungs eigentlich recht unkomplizierte rücken haben 🙂

  7. Toller Artikel, welchen Filzsattel findest du besser den von Frau Steiner oder von La Selle?
    LG Celina

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