In meinem ersten Teil des Kursberichtes habe ich euch bereits viele Gedanken, Ideen und Eindrücke aus dem Event „Next Generation“ mitbringen können. Doch ich habe noch nicht genug – und ich hoffe, euch geht es genauso! Heute möchte ich euch vom zweiten Teil berichten.
Shettlandpony „Gijs“ und Maja – Leichtigkeit und Lebensfreude
Bisher habe ich euch eine Menge von den drei grandiosen Trainern Arien Aguilar, Viktoria Bergér und Miron Bococi erzählt. Doch einen Namen habe ich noch nicht erwähnt, der hier auf keinen Fall fehlen darf: Maja, die mit ihren jungen 17 Jahren eine grandiose Show zusammen mit ihrem Minishetty „Gijs“ hinlegte. Nach den Problempferden, die vormittags mit viel Wissen, Feingefühl und vollem Einsatz trainiert wurden, wird es in der Reithalle der Ranch ganz still, als plötzlich Musik erklingt und ein besonderes Team die Arena betritt. Von der ersten Minute an zeig der hübsche Shetty-Wallach, was er draufhat. Und das ist so einiges! In völliger Freiarbeit zeigt das Pony Lektionen der Hohen Schule. Voller Konzentration fegt er mit seiner Besitzerin durch die Halle und das Publikum kommt überhaupt nicht mehr aus dem Staunen heraus.
Was mich während der Vorführung am meisten rührt, ist die liebevolle Kommunikation der Beiden. Man sieht einige Momente, in denen das Pony auch mal falsch interpretiert und etwas anderes zeigt, als Maja im Sinn hatte. Doch gerade diesen Input nimmt sie an, um daraus neue Ideen entstehen zu lassen. Anstatt eines Monologes, den leider doch allzu viele Showtrainer hinlegen, spürt man hier jeden Moment den lebhaften Dialog zwischen Mensch und Pferd. Diese Freude, die Freiheit und die Ungezwungenheit der Beiden zaubert uns Zuschauern ein Lächeln ins Gesicht. Ich glaube, auf dem Weg nach Hause trägt heute jeder von uns ein bisschen „Pony“ in sich mit – ich hoffe, ich vergesse diese wunderbar leichte Art nicht zu schnell und kann sie mir wieder ins Gedächtnis rufen, wenn die Kommunikation mit meinem Khayman auch mal wieder aus der Reihe tanzt.
Ein Einblick in die Arbeit mit den eigenen Pferden
Nach einer Mittagspause in der warmen Sonne kommen die Trainer mit ihren persönlichen „Problempferden“, wie Arien lachend sagt, in die Halle. Hier zeigen sie uns, wie sie Probleme, die am Vormittag auftraten, mit ihren Pferden angehen oder vielleicht schon überwunden haben. Neue Fragen tun sich auf und es herrscht eine rege Kommunikation. Wer anfangs noch Zweifel hegt, stellt spätestens hier fest, dass es tatsächlich um eines geht: Die Zusammenarbeit. Das Sammeln von Ideen. Die gesunde Arbeit mit den Pferden, die eine Freude für beide Seiten ist.
Miron erscheint mit seinen zwei Pferden. Als er uns mit einem von ihnen die Basis des Führtrainings erklären will, parken beide Pferde wie selbstverständlich stets wieder nebeneinander ein – das Publikum kann sich nicht mehr halten vor Lachen. Miron nimmts ebenfalls mit Humor und zeigt uns, dass eben auch „die Großen“ ganz und gar nicht perfekt sind. Als er schließlich seine Jungs doch davon überzeugen konnte, sich zu trennen, erläutert er mit viel Feingefühl für den richtigen Moment, wie er die Basis erarbeitet. So erklärt er, wie er seinen Pferden verschiedene Grundbausteine beibrachte, auf die er nun verschiedene Lektionen aufbauen kann. Ganz elementar ist dabei das Verschieben von Vor- und Hinterhand. Ein Satz von ihm bleibt mir besonders in Erinnerung:
„Es gibt verschiedene Arten von Druck. Nicht jeder Druck ist ein Kommando zum Reagieren. Mein Pferd muss auch Druck ohne Reaktion lernen.“
Diese Art von Druck kann als ganz deutliches Beispiel ein Reiter sein. Doch auch in der feineren Kommunikation gibt es Situationen, in denen Druck bestehen bleibt. So arbeiten sowohl Miron, als auch Viktoria gerne mit der Gerte am Pferd. Um nicht stets über zu reagieren, lernen die Pferde schon bald, beständigen Druck zu akzeptieren. Dass das keineswegs als unangenehm empfunden wird, zeigen uns Mirons Pferde genauso wie Viktorias sensibler Spanier. Bei dieser interessanten Erklärung muss ich wieder an das Problempferd am Vormittag denken. Miron erklärte ihm die Basis des Natural Horsemanship. Als er ihm zum Ende hin einen Sattel auflegte, übte er mit ihm genau diesen anhaltenden Druck, den das Pferd bis dahin nicht gelernt hatte, zu akzeptieren. Ich denke, dass diese Lektion fürs Pferd sehr lehrreich sein kann, um Ruhe und Gelassenheit ins Training zu bringen.
Das Thema Ruhe und Entspannung spricht auch Viktoria mit ihrem PRE-Hengst „Nabuco“ an. Wieder einmal wird deutlich, wie wichtig es ist, individuell und mit Gefühl auf unsere Pferde einzugehen.
„Viele verschiedene Pferde bringen viele verschiedene Ideen.“
Diesem Ausspruch von Arien folgend, fand Viktoria eine ganz besondere Idee, ihren Hengst zur Entspannung zu bringen: Sie übte mit ihm das Schulhalt. Diese Lektion ist eigentlich keine Lektion für sich. Die Parade, die durch das ganze Pferd geht, gilt in der akademischen Reitkunst als Vorstufe zur Levade – eine der anspruchsvollsten Lektionen der Hohen Schule. Viktoria fand heraus, dass sie ihren Hengst hiermit gut beruhigen konnte. Eindrucksvoll demonstriert sie uns dies am heutigen Tag.
Doch wir sind heute nicht hier, um fertige Lektionen vorgeführt zu bekommen. Wir sind hier, um zu lernen. Und deshalb möchte Arien nun, dass Viktoria sein Pferd übernimmt und ihm und uns die ersten Schritte zum Schulhalt demonstriert. Viktoria führt den Hengst hierfür an die Bande und positioniert ihn in leichter Stellung und Biegung. Ganz langsam fordert sie ihn nun mit der Hand an der Schulter dazu auf, sein Gewicht nach hinten zu nehmen. Eine ganz leichte Schaukelbewegung des Pferdes belohnt sie sofort und entlässt das Pferd aus der Übung.
Die Show – ein lebhafter Ausklang des Tages
Der Tag neigt sich dem Ende zu und auch wenn wir alle gefühlt randvoll mit Ideen und Anregungen sind, so sind doch alle gespannt auf den Ausklang der Veranstaltung. Die drei Pferdetrainer haben sich hierfür alle einzeln eine kleine Show einfallen lassen. Auf ganz wunderbare Weise präsentiert hier noch einmal jeder von ihnen seine ganz besondere, eigene Art mit den Pferden.
So betritt zunächst Viktoria auf ihrem eindrucksvollen Schimmel die Halle. Nur auf ein leichtes Bosalito gezäumt zeigt sie Lektion der Hohen Schule und schwebt mit einem entspannten Lächeln auf den Lippen mit ihrem Hengst durch die Halle. Wann habt ihr das letzte Mal einen Reiter schwere Lektionen zeigen sehen und dabei ein Lächeln auf den Lippen erblickt? Ich fürchte, ihr müsst nun genauso grübeln wie ich es musste, oder nicht? Später entfernt Viktoria auch das Kopfstück und nur mit Halsring zeigen die Beiden ihr Können. So viel Leichtigkeit bei so hohem Niveau haben wir alle wohl schon lange nicht mehr gesehen.
Die Leichtigkeit verschwindet auch nicht, als Miron mit seinen beiden Pferden die Halle betritt. Doch hinzu kommt eine ordentliche Portion Energie und Lebensfreude. Miron legt eine atemberaubende Show hin. In völliger Freiarbeit tanzen seine Pferde um ihn herum und vollführen die verrücktesten Lektionen. Ab und an verselbstständigen die Vierbeiner ihre Choreografie und legen ein paar Sprints um die Halle ein – Miron quiettiert das mit einem entspannten Lächeln, bevor er sie erneut zum Tanzen einläd. So sehr ich auch vorhin beim Problempferd zweifelte, so hat dieser Pferdetrainer mich spätestens hier mit seinem Talent gepackt. Das Publikum sieht das wohl nicht anders – die Drei ernten einen verdienten, lautstarken Applaus!
Zum Schluss zeigt uns Arien mit dem wunderschönen Kiger-Mustang Hengst ein mindestens genauso leichtes Reiten, wie auch schon Viktoria es präsentierte. Bei jeder Bewegung der Beiden spürt man die Einheit, die sie bilden. Diese Darbietung entsprach wohl am wenigsten den klassischen Erwarungen an eine Show – und berührte vielleicht gerade deswegen sehr. Diese natürliche Leichtigkeit und Harmonie in der Kommunikation ist es wohl, wonach wir alle auf der Suche sind.
Nach einem langen und ereignisreichen Tag versammeln sich die jungen Trainer erneut in der Halle, um sich von uns zu verabschieden. Mit seinen Worten gelingt es Arien wieder einmal, uns alle in den Bann zu ziehen. Er erzählt von seiner Vision, seinem Traum einer neuen Welt. Einer Welt, in der es nicht um Preise oder Wettkämpfe geht, sondern um ein Miteinander. Erneut ermutigt er uns, unseren eigenen Weg zu gehen.
„Wir müssen lernen, zu lernen. Wir müssen lernen, unseren eigenen Weg zu finden, nicht das System eines anderen zu kopieren. Wir müssen eine Revolution beginnen.“
Dieser wundervolle junge Pferdetrainer hat uns heute auf eine Reise mitgenommen, die wir fortführen müssen. Einen Weg, der uns wieder mit den Pferden zusammenführt. Und einen Weg, der auch uns Pferdemenschen zusammen führt. Ich teile Ariens Gedanken und Träume und glaube, dass ich damit nicht die Einzige bin. Ich glaube daran, dass wir zusammen etwas schaffen können und dass die Pferdwelt dazu bereit ist, sich zu ändern. Denn das, was man in den jüngsten Schlagzeilen liest, darf nicht Alltag werden. Ich wünsche mir, dass Ariens Traum in Erfüllung geht und glaube daran. Und nun mache ich mich auf den Weg, meinen Weg zu finden. Meinen ganz eigenen, persönlichen.
„Was willst du in deinem Leben erreichen? Willst du Geld und Preise haben, oder willst du Gefühle haben?“
Bald werdet ihr hier auf meinem Blog noch ein Interview mit Arien finden. Seid gespannt!
Wenn ihr solange noch immer nicht genug habt, dann schaut doch mal auf der Pferdeflüsterei vorbei und lest ihren wunderbaren Bericht zum Kurs!
30. August 2015 um 17:39
Auch ich war in Issum und beeindruckt von allen drei Trainern. Jede(r) hat seine besondere Ausdrucksweise und einen eigenen Weg, „Probleme“ anzugehen. Alle Antworten führten zur Lösung. Wobei – und das ist keine Kritik – die Pferde uns spiegeln und wir an uns arbeiten müssen, damit wir das Verhalten der Pferde langfristig ändern können. Leide sind die meisten Menschen dazu nicht bereit.
Als Maja und Gijs in die Halle kamen und ihr Können zeigten, musste selbst ich, die „Immerkritische“, fast weinen. So schön und anrührend war das. Auch wenn nicht alles klappte. Aber darauf kam es nicht an. Wichtig war der Dialog und der war Hammer!!!